Es ist mir eine außergewöhnliche Ehre und mit großem Stolz präsentiere ich euch mein kleines, sehr altes Puppenhaus der Manufaktur Moritz Gottschalk.
Dieses Puppenhaus stammt aus der Zeit zwischen 1892 bis 1931 und ist somit über 100 Jahre alt. Als ich die Verkaufsanzeige entdeckte, traute ich meinen Augen nicht - ein solches Puppenhaus heute noch zu finden, ist freilich mehr als Glück. Die wenigen, die auf dem Markt noch auftauchen, sprengen die Geldbörsen bis ins Unermessliche. Zu meiner Verwunderung war dieses so günstig, dass ich erstmals dachte, es sei eine Replik, also eine Nachahmung. Jedoch ließen einige typischen Merkmale, wie die Säulen und die Geländer keinen Zweifel daran, dass es sich um ein echtes Gottschalk Puppenhaus handelte.
Allerdings war es stellenweise mit schrecklichen Farben übermalt und auch sein Dach, welches original blau sein soll, hatte man braun gefärbt. Ich konnte es kaum erwarten, dem Haus seinen alten Glanz zurück zu verleihen.
Links, wie ich es gekauft habe und rechts, wie es jetzt wieder strahlt.
Das Haus bedurfte einer größeren Säuberungsaktion und anschließender Restaurierung. Das hat wiedermal großen Spaß gemacht und die Bilder dazu könnt ihr euch etwas unterhalb anschauen.
Moritz Gottschalk Puppenhäuser
Zuvor aber möchte ich ein paar Worte zu diesen einzigartig und zauberhaften Puppenhäusern schreiben: Die Manufaktur Moritz Gottschalk, gegründet 1865 im Erzgebirge in der Stadt Marienberg in Sachsen war zunächst eine Buchbinderei. Ab 1873 wurde sie zum Hersteller vieler feiner Holz-Spielwaren, unter anderem auch von Puppenhäusern. Als 2 Jahre später die Eisenbahn Einzug hielt, wuchs das Unternehmen rasant und exportierte nach England, Frankreich, Holland, Skandinavien und sogar in die USA. Viele Modelle der Firma Gottschalk weisen in den Anfangsjahren eine überreiche Verzierung auf. Die Außenseiten der Häuser sind mit Tapeten in verschiedenen Backstein- und Ziegelmustern beklebt (hierzu finden sich in den Firmenunterlagen aus dem Jahr 1879 Einträge von Lohnzahlungen für die Tätigkeit "Musterblatt gemalt"), was bedeutet, dass dies alles per Hand gezeichnet wurde. Partiell findet sich an den Häusern auch eine Bemalung, die Marmor oder Stein imitiert. Oftmals gibt es komplizierte Dachkonstruktionen mit mehreren Schornsteinen, viele dieser Häuser besitzen Ziergiebel. Bis ca. 1910 sind die Dächer durchgängig blau bemalt. Stehts führen einige Treppenstufen zu der Eingangstür. Die Frontseite der Häuser, mitunter auch die Seitenteile können geöffnet werden, um die Räume im Inneren zu bespielen. Mit kleinen Haken lassen sich die aufklappbaren Fronten sicher verschließen.
gefunden im Buch "Vom Kindertraum zum Sammlerobjekt" von Ulrike Knoll
Die Sanierung:
Erst einmal habe ich das Dach vorsichtig entfernt. An dem Fenster auf dem Dachboden wollte ich unbedingt diese weiße Folie von innen abmachen, damit ich später dort eine kleine Gardine befestigen könne.
Dann habe ich behutsam diese grüne Lackfarbe abgeschabt. Tatsächlich verbarg sich darunter die schöne alte Ziegeltapete, die allerdings leider stellenweise ganz schön beschädigt war. Um das verblasste Original-Grün wieder schön zu bekommen, bin ich mit einem passenden Buntstift und anschließendem feuchten Tuch leicht drüber gegangen.
In dem schönen Eingangsbereich habe ich die rote Farbe entfernt und eine Passendere anstelle gemalt.
Auch die Türen waren mit einem hässlichen Grün übermalt worden. Hier konnte ich dank Schleifpapier das alte Muster tatsächlich wieder hervorbringen und mit weisser Farbe die Linien etwas nachbessern.
Dann habe ich mit Acrylfarben dieses typische Blau zusammengemischt und alle Dachteile damit angemalt. Hier war es unmöglich gewesen, diese hartnäckige braune Farbe mit Schleifpapier abzubekommen.
Tatsächlich waren die Original Glasscheiben lose im Haus dabei. Diese habe ich befestigt, allerdings mit der Heissklebepistole und nicht mit winzigen Nägeln, wie man es früher tat (man hat dabei die Scheiben oben und unten zwischen Nägeln einfach eingeklemmt). Für die Vorhänge habe ich mir dieses süsse Spitzenband besorgt. Ein Fensterbrett für Blumentöpfe verschönert die Ansicht von Außen.
Auch innendrin habe ich das Haus etwas renoviert. Damit die neue Tapete zum Gesamtbild passt, habe ich sie älter gemacht indem ich mit Pastellkreide dunkle Schatten draufgemalt habe und mit Fixierlack übersprüht habe.
Das Haus kann vorne und an der Seite geöffnet werden.
Das kleine Ford T Modell (welches 1908 am 1. Oktober auf den Markt kam und wegen seiner Zuverlässigkeit und Treue damals den Kosenamen "Tin Lizzy", eisernes Dienstmädchen bekam) passt in das Zeitalter des Gottschalk Häuschens perfekt hinein.
Nachtrag:
Am 30.04.25 bin ich im Internet auf die genaue Version dieses Puppenhauses gestoßen (vorher fand ich nur ähnliche Modelle, aber noch nie genau dieses). Ich habe jetzt endlich herausgefunden, dass es sich um das Modell Nr 3581 "Blaues Dach" von M. Gottschalk handelt. So kann ich wirklich nachträglich hervorheben, dass die Restaurierung sich absolut gelohnt hat und das alte Puppenhaus seinem ursprünglichen Aussehen nun beinahe wieder gerecht wird. Außer daß an meinem das kleine Kellerfenster an der unteren grünen Ziegel-Borte fehlt, ein Kamin in roter Farbe daherkommt und auch Teile des Geländers grün angemalt wurden, ist es seinem Original wieder nahezu identisch.
Als Fazit möchte ich noch einmal erwähnen, daß man leider öfters antike Puppenhäuser findet, die entweder übermalt wurden oder, was noch viel schlimmer ist, komplett umgebaut wurden. Die Besitzer meinen es nicht schlecht in dem Moment, sind leider aber total unwissend und ahnen nicht, welches No-Go sie damit anrichten. Denn solche Häuser verfügen über einen unfassbaren Marktwert, wenn sie in ihrem Original-Zustand belassen wurden.
Die komplette Renovierung könnt ihr euch auch in einem kleinen Film anschauen.
Jutta (Mittwoch, 02 April 2025 12:00)
Ja, es ist wie ein Wunder! Ausgangspunkt ein äußerlich anderes Puppenhaus, übermalt und beschädigt! Und dann, wie durch Zauberhände entsteht eine solches Werk! Ich könnte es mir immer wieder ansehen und bestaunen. Es ist wunderschön geworden! Ich liebe es!
Ingrid (Samstag, 07 Januar 2023 14:43)
Wunderschön. Ich mag es auch sehr beim Renovieren alter Häuser behutsam vorzugehen und sich zu freuen wenn man noch Original Tapeten oder Bodenbeläge freilegen kann.
Ist dir toll gelungen!
Und die Hausbewohner sind so schön! Zauberhafte alte Püppchen